Meine Zeit in Gambia vom 29.10.-02.12.2016 –
Bericht von Wiebke Mangold

Im Rahmen meiner Ausbildung zur Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin am Universitätsklinikum Heidelberg wird uns auch ein Einsatz außerhalb des Klinikums vorgegeben. Diesen dürfen wir zum Beispiel in einer Kinderarztpraxis, einer Mutter-/Kind-Kur Einrichtung oder, wie in meinem Fall, in einem Kindergarten im Ausland absolvieren. Durch die aktuelle Flüchtlingssituation in Europa ist das Interesse an einem Einsatz in einem afrikanischen Land bei mir stark gewachsen. Über Recherchen im Internet bin ich auf den „Kindergarten Wattenscheid in Gambia“ gestoßen. Ich war super glücklich und auch etwas aufgeregt, als mir recht bald tatsächlich ein Praktikumsplatz in dem westafrikanischen Land zugesagt wurde. – Da ich, um ehrlich zu sein, zu der Zeit wenig Ahnung von Afrika hatte, waren die Tipps zur Vorbereitung, seitens des Vereins in Deutschland sehr hilfreich.

Dick eingepackt, mit Winterjacke und Schal, frisch geimpft und mit viel Gepäck, ging es dann (sehr) früh morgens am Samstag, den 29. Oktober 2016 los Richtung „Abenteuer Afrika“. Gegen 17 Uhr (Ortszeit) landete ich in der Hauptstadt des kleinsten afrikanischen Festlandstaates, in Banjul. Mein erster Impuls, als ich aus dem Flugzeug stieg: „Oh, DAS ist jetzt wirklich warm, schnell die Winterjacke aus (33 Grad Celsius)“, „Das ist der Flughafen? –meine Sorge, ich würde nicht wissen, wo ich hinmuss, hatte sich mit der absoluten Überschaubarkeit des Flughafens auch schnell erledigt“. „los geht’s!“. Nachdem ich mein Gepäck wieder bei mir hatte, wurde ich in der Flughafenhalle überaus freundlich von der Schulleiterin, Hawa Sanneh, und dem Fahrer des Kindergartens, Madu, empfangen und wir fuhren los Richtung Brikama, der Stadt, in der der Kindergarten ist. Auf unserem Weg dorthin konnte ich schon viele erste Eindrücke gewinnen, die meinem Bild von Afrika teilweise entsprachen: Die sehr freundliche Art und Umgangsweise der Gambier, die super schönen bunten Kleider der gambischen Frauen, aber auch die nur teilweise asphaltierten Straßen und die einfach gebauten Häuser. Im Kindergarten angekommen, zeigte mir Hawa das Gästehaus, das sich direkt auf dem Gelände des Kindergartens befindet. Es stand schon abgepacktes Trinkwasser bereit, wofür ich sehr dankbar war. Hawa kümmerte sich auch gleich darum, dass ich mein europäisches Geld in gambische Dalasi wechseln konnte. Mein Tag ging vorbei und ich wollte nur noch schlafen.
Den nächsten Tag (Sonntag) nutzte ich zum Ankommen und Auskundschaften des Kindergartens und machte schon erste Bekanntschaften mit dem Tagwächter, der jeden Tag den Kindergarten von morgens bis abends bewacht, mit David, der als Lehrer im Kindergarten unterrichtet und mit seiner Familie auf dem Gelände des Kindergartens wohnt, und mit Doudou, dem Sohn des Zahnarztes (der Dental Station), der ebenfalls mit seiner Familie im Kindergarten wohnt.

Das Gästehaus und die große Halle:

                              

Montag, der 31.10.2016:
Mein erster Tag im Kindergarten, begann um 08:30 Uhr mit einer großen Begrüßung seitens des gesamten Teams und den Kindergartenkindern. Es wurde gebetet, gesungen und jeder Lehrer hat sich mir vorgestellt und hat mir seine Klasse gezeigt. Der Kindergarten umfasst 15 Klassen mit rund 450 Kindern im Alter von drei bis sechs Jahren, unterrichtet werden sie von etwa 18 Lehrkräften. Für die erste Woche war ich der Klasse „Level 1 blue“ zugeteilt, die von Fatoumata Sanneh (Manis) unterrichtet wird. Manis ist etwa in meinem Alter und wir haben uns auf Anhieb sehr gut verstanden. Da in „Level 1“ die Kleinsten unterrichtet werden und wir fast wortwörtlich um ihre Aufmerksamkeit „kämpfen“ mussten, haben wir mit ihnen viel gesungen und sie dazu animiert, einzelne Sätze und Wörter, wie Familienmitglieder, Gemüse und Obst in der offiziellen Landessprache Englisch, nachzusprechen, im Chor zu singen, oder sogar schon einzelne Buchstaben zu schreiben. Es kam auch das ein oder andere Mal vor, dass ich mit den Kindern sprechen wollte und sie mich anschauten, als hätte ich gerade deutsch geredet, unser Englisch unterscheidet sich nämlich schon ziemlich in der Aussprache von dem in Gambia gesprochenen. – aber alles kein Problem, die Lehrer haben gedolmetscht!   Von Montag bis Donnerstag wird vom Kindergarten ein Frühstück für die Kinder gestellt, anschließend putzen sich die Kinder, Klasse für Klasse, selbstständig mit den im Kindergarten aufbewahrten eigenen Zahnbürsten die Zähne. Der Schultag endet um 13:30 Uhr.

Ganz überraschend aber, nicht sehr ungelegen kam am Dienstag, den 01. November für mich schon der erste „Public Holiday“ in Gambia. Ich hatte somit Zeit, auch Brikama etwas zu erkunden. Zu meinem Erstaunen kam ich sogar dazu, in einem Minimarkt in Deutschland produzierte Lebensmittel, wie Milch, Cornflakes und Haferflocken zu kaufen.
Im Laufe der Woche hatte ich mich auch langsam an die zu Anfang SEHR drückenden Temperaturen, bis zu 37 Grad Celsius, gewöhnt.

Meine erste Kindergartenwoche endete am Freitag wieder mit einem Gottesdienst und der Ansprache eines Lehrers und ein Quiz. Bei diesem Quiz, das jeden Freitag zwischen den beiden „Level 3“-Klassen angenehm spielerisch stattfindet, werden die Klassen über das Gelernte der nun vergangenen Woche abgefragt. Die Gewinnerklasse bekommt als Preis Spielzeug, das sie für eine Woche bis zum nächsten Freitag stolz als „ihres“ bezeichnen darf.

Fotos: Quiz am Freitag mit Preisübergabe

                                   

In den darauffolgenden vier Wochen besuchte ich unterschiedliche Klassen, wodurch ich Erfahrung in den stetig steigenden Ansprüchen an das Können der Kinder aller 3 Level sammeln konnte. Unterrichtsinhalte waren: Mathematik, Englisch (lesen und schreiben), und eine Art Naturkunde, wo der Körper, Tiere, Gemüse, Früchte usw. durchgenommen wurde. –  sehr unterhaltsam war, dass ich leider absolut keine Ahnung von gambischen Früchten, wie z.B. bitter tomato und okra hatte, und man mir das dann vor dem Unterricht erst mal selber beibringen musste.
Wichtig war auch die tägliche Hygiene, wie das tägliche Zähneputzen nach der Mahlzeit. Sehr beliebt bei den Kindern waren die Jolly Phonics, das sind lustige Lieder in denen die Laute der Buchstaben den Kindern nähergebracht wird.

Die Jolly Phonics und ein Plakat aus einem Klassenraum:

             

Über den Nachtwächter des Kinderdorfs Bottrop in Gambia, der auch in Brikama ist, erfuhr ich, dass dort ebenfalls gerade zwei deutsche Mädchen als Praktikantinnen arbeiteten, Anne und Hannah. Über SMS-Kontakt, trafen wir uns an einem Nachmittag und sind an den Strand gefahren. Es war ein super Gefühl, sich mal wieder auf Deutsch auszutauschen – vor allem über das Megathema der Präsidentschaftswahlen in Gambia am 01. Dezember.
Im Nachhinein bin ich fast ein bisschen stolz, dass ich bei einem so „revolutionären“ Ereignis im Land war. Schon Wochen vor der Wahl wurde heiß diskutiert, wie sie wohl ausgehen würde. Das gambische Volk war, soweit ich das beurteilen konnte, nach 22 Jahren Diktatur entschlossen, Präsident Yahya Jammeh abzuwählen. Sehr spannend war die Situation, als bereits drei Tage vor der Wahl, ohne Ankündigung, das Internet im Land abgeschaltet wurde. Außerdem konnte ich weder zu meinen Eltern nach Deutschland noch innerhalb Gambias telefonieren. Als dann aber am Freitag, den 02. Dezember bekannt gegeben wurde, dass der Oppositionskandidat Adama Barrow tatsächlich die Präsidentschaftswahlen gewonnen hatte, wurde überall erleichtert aufgeatmet und die Menschen sind auf die Straße gestürmt und haben Musik gemacht und sich so sehr gefreut! Was für ein herrliches Ende meiner Afrikareise, denn der 02. Dezember war gleichzeitig auch mein letzter Tag in Gambia.