Praktikums-Bericht von Dilayda Bulut

Schon immer war es mein sehnlichster Wunsch, einen Freiwilligendienst in Afrika zu leisten. Nachdem ich mein Studium absolviert hatte, war somit für mich klar, dass ich die nun freie Zeit nutzen musste, bevor ich mich der Arbeitswelt zuwandte. Also ging ich meinem Wunsch nach und erkundigte mich über verschiedene Projekte.

Nach kurzer Zeit entschied ich mich für den Kindergarten Wattenscheid in Gambia. Da ich selbst in Wattenscheid lebe und bereits häufig interessante Artikel über den Kindergarten in der WAZ gelesen hatte, fiel mir die Entscheidung leicht. Daraufhin bewarb ich mich als Volunteer und bekam kurze Zeit darauf eine Zusage.

Bevor die Reise losgehen konnte, mussten einige Vorbereitungen getroffen werden. Dazu gehörte ein Arztbesuch, bei dem geklärt wurde, welche Sicherheitsvorkehrungen für einen optimalen Gesundheitsschutz benötigt wurden. Ein Visum vor Antritt der Reise musste ich nicht beantragen, denn Deutsche Staatsangehörige benötigen für die Einreise nach Gambia kein Visum. Dies gilt jedoch nur für Einreisende, deren Aufenthalt eine Zeitspanne von 28 Tagen nicht überschreitet. Da mein Aufenthalt jedoch über zwei Monate andauerte, musste ich nach meiner Ankunft in Gambia eine Aufenthaltsverlängerung beim gambischen Immigration Office beantragen. Diese war gebührenpflichtig und lag umgerechnet bei etwa 15 €.

Bei meiner Ankunft wurde ich von allen Mitarbeitern des Kindergartens sowie den vielen, lieben Kindern sehr herzlich empfangen. Für mich wurde ein Begrüßungslied gesungen und jeder Mitarbeiter stellte sich mir kurz vor. Danach hatte ich Zeit, um meine Koffer auszupacken und mich etwas einzurichten.

Kinder vor dem Eingang des Kindergartens Wattenscheid in Gambia

In den ersten Tagen verbrachte ich meine Zeit in 2-3 unterschiedlichen Klassen, um sowohl die Lehrer als auch die Kinder besser kennenzulernen. Schnell wurde ich mit etlichen neuen Eindrücken überhäuft.

Mein erster Tag im Kindergarten nach der Verteilung meiner Spenden in Form von Bleistiften und anderen Schulmaterialien

Doch nichtsdestotrotz fand ich gleichermaßen schnell neue Routine in meinem afrikanischen Alltag. Durch die Herzlichkeit und Gastfreundlichkeit für die die afrikanische Kultur bekannt ist, fiel es mir nicht allzu schwer mich einzuleben. Zudem konnte ich bereits nach kürzester Zeit mit Aida und Aminata, zwei junge Frauen, die in der Dentalstation des Kindergartens arbeiten. Freundschaften schließen. Nachmittags, nachdem der Kindergarten geschlossen hatte, verbrachte ich die meiste Zeit mit ihnen. Dank diesen beiden, hatte ich nach ein paar Tagen das kleine Dorf Kabafita, in dem ich wohnte, nahezu vollständig erkundigt und wusste somit auch auf welchen Märkten ich eigenstädig meine Lebensmittel kaufen konnte. Falls ich irgendwelche Anliegen oder Fragen hatte, hatte man stets ein offenes Ohr für mich und mir wurde immer geholfen.

Mein klassischer Arbeitsablauf bestand darin, einzelne Klassen zu besuchen und die Kinder beim Lernen zu unterstützen. In den Pausen verbrachte ich Zeit damit, mit den Kindern zu spielen. An manchen Tagen erledigte ich Büroarbeiten für die Leiterin des Kindergartens, Hawa. Diese standen jedoch nicht allzu oft an. Im Großen und Ganzen ähnelten sich die Tage im Kindergarten bezüglich der Abläufe sehr, doch langweilig wurde es nie. Im Gegenteil – das Lächeln der Kinder verzauberte mich jeden Tag aufs Neue.

Nach der Mahlzeit im Kindergarten werden die Zähne gemeinsam gründlich geputzt

Zu den kleinen Problemen des Alltags gehörte es, dass es gelegentlich zu Stromausfällen kam oder man kein fließendes Wasser hatte. Für mich als Europäerin, die es gewohnt ist, stets Zugriff auf diese für uns selbstverständlichen Ressourcen zu haben, war dies am Anfang zunächst gewöhnungsbedürftig. Doch auch daran gewöhnte ich mich schnell. Fiel das Wasser mal für mehr als ein paar Stunden aus, konnte man sich am Brunnen, welcher sich auf dem Kindergartengelände befand, Wasser pumpen. Neben diesen Rahmenbedinungen, die ich nicht unbedingt als negative Erfahrung betiteln würde, kann ich nicht von anderen negativen Erfahrungen berichten. Mein Aufenthalt in Gambia war durchweg positiv. Durch meine Tätigkeit im Kindergarten habe ich nicht nur Dinge über das Bildungssystem in Gambia gelernt, sondern vor allem über die Kultur, Werte, Normen, verschiedenen Ansichten und Perspektiven sowie die Zwischenmenschlichkeit.

Dieses Foto entstand am Unabhängigkeitstag in Gambia. Dieser wurde gemeinsam mit anderen Kindergärten groß gefeiert

Nach meinem ersten Monat, sozusagen meiner Halbzeit, kamen erfreulicherweise die Paten (Thomas, Laura, Peter und Albrecht) zu Besuch. Mit ihnen verbrachte ich in den kommenden zwei Wochen viel Zeit und konnte durch ihre Vorkenntnisse und Erfahrungen noch einmal eine andere Seite von Gambia kennenlernen. Wir machten fast täglich Ausflüge zu verschiedenen Orten, die ich vorher noch nicht erkundet hatte. Dazu gehörte der Fisch-Markt von Tanji, die bekannte Apotheke in Ghanatown, eine Batikfabrik, in der uns gezeigt wurde, wie man die wunderschönen Stoffe herstellt, die Märkte in Kololi und Serrekunda, verschiedene Museen sowie ein Park (Kachikally) in dem man frei laufende Krokodile streicheln konnte. Außerdem besuchten wir gemeinsam wunderschöne Strände, welche ich ebenfalls vorher noch nicht gesehen hatte.

Für den Unabhängigkeitstag haben alle Mitarbeiter den gleichen Stoff erhalten. Mit diesem Stoff durfte jeder selbstständig zum Schneider gehen, um sich ein maßgeschneidertes Kleid anfertigen zu lassen

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass mein Freiwilligendienst im Kindergarten Wattenscheid zu einer unvergesslichen Erfahrung fürs Leben wurde. Trotz anfänglicher Bedenken, dass es sich als schwierig gestalten könnte als junge Frau alleine für zwei Monate in Afrikas kleinstem Land als Volunteer zu arbeiten, lief alles durchweg positiv. Die Arbeit mit den Kindern hat mir viel Freude bereitet und ich habe von Tag zu Tag immer wieder Neues dazugelernt. Meine Erwartungen wurden alle erfüllt, wenn nicht sogar übertroffen.

Doch in einer Hinsicht hatte ich mich gewaltig getäuscht – Vor Antritt meiner Reise hatte ich die Befürchtung, dass mich die Rahmenbedinungen und die ärmlichen Verhältnisse, in denen die Menschen in Gambia leben, sehr traurig machen würden. Allerdings traf dies nicht ein, im Gegenteil. Ich merkte schnell, dass die Menschen dort die kleinen Dinge im Leben zu schätzen wissen und mit den wenigen Habseligkeiten, die sie besitzen, sehr glücklich und zufrieden sind. Dies ist meiner Meinung nach eine Lebenseinstellung, von der wir Europäer uns eine Scheibe abschneiden sollten. Denn viel zu oft nehmen wir Dinge zu selbstverständlich, sind nie zufrieden mit dem, was wir haben und wollen immer mehr.

Ich bin sehr froh darüber, mich für diese Reise entschieden zu haben und kann jedem, der an einem Volunteer-Programm interessiert ist, nur raten, den Schritt zum „Abenteuer“ zu wagen.

Ob ich in ferner Zukunft noch mal in dieser Art einen Freiwilligendienst leisten werde, ist für mich bisher ungeklärt. Doch feststeht, dass ich nun als Patin des Kindergarten Wattenscheids an der nächsten Paten-Reise nach Gambia teilnehmen werde, um neu gewonnene Freunde und Bekannte wiederzusehen.