Praktikums-Bericht von Dilayda Bulut

Schon immer war es mein sehnlichster Wunsch, einen Freiwilligendienst in Afrika zu leisten. Nachdem ich mein Studium absolviert hatte, war somit für mich klar, dass ich die nun freie Zeit nutzen musste, bevor ich mich der Arbeitswelt zuwandte. Also ging ich meinem Wunsch nach und erkundigte mich über verschiedene Projekte.

Nach kurzer Zeit entschied ich mich für den Kindergarten Wattenscheid in Gambia. Da ich selbst in Wattenscheid lebe und bereits häufig interessante Artikel über den Kindergarten in der WAZ gelesen hatte, fiel mir die Entscheidung leicht. Daraufhin bewarb ich mich als Volunteer und bekam kurze Zeit darauf eine Zusage.

Bevor die Reise losgehen konnte, mussten einige Vorbereitungen getroffen werden. Dazu gehörte ein Arztbesuch, bei dem geklärt wurde, welche Sicherheitsvorkehrungen für einen optimalen Gesundheitsschutz benötigt wurden. Ein Visum vor Antritt der Reise musste ich nicht beantragen, denn Deutsche Staatsangehörige benötigen für die Einreise nach Gambia kein Visum. Dies gilt jedoch nur für Einreisende, deren Aufenthalt eine Zeitspanne von 28 Tagen nicht überschreitet. Da mein Aufenthalt jedoch über zwei Monate andauerte, musste ich nach meiner Ankunft in Gambia eine Aufenthaltsverlängerung beim gambischen Immigration Office beantragen. Diese war gebührenpflichtig und lag umgerechnet bei etwa 15 €.

Bei meiner Ankunft wurde ich von allen Mitarbeitern des Kindergartens sowie den vielen, lieben Kindern sehr herzlich empfangen. Für mich wurde ein Begrüßungslied gesungen und jeder Mitarbeiter stellte sich mir kurz vor. Danach hatte ich Zeit, um meine Koffer auszupacken und mich etwas einzurichten.

Kinder vor dem Eingang des Kindergartens Wattenscheid in Gambia

In den ersten Tagen verbrachte ich meine Zeit in 2-3 unterschiedlichen Klassen, um sowohl die Lehrer als auch die Kinder besser kennenzulernen. Schnell wurde ich mit etlichen neuen Eindrücken überhäuft.

Mein erster Tag im Kindergarten nach der Verteilung meiner Spenden in Form von Bleistiften und anderen Schulmaterialien

Doch nichtsdestotrotz fand ich gleichermaßen schnell neue Routine in meinem afrikanischen Alltag. Durch die Herzlichkeit und Gastfreundlichkeit für die die afrikanische Kultur bekannt ist, fiel es mir nicht allzu schwer mich einzuleben. Zudem konnte ich bereits nach kürzester Zeit mit Aida und Aminata, zwei junge Frauen, die in der Dentalstation des Kindergartens arbeiten. Freundschaften schließen. Nachmittags, nachdem der Kindergarten geschlossen hatte, verbrachte ich die meiste Zeit mit ihnen. Dank diesen beiden, hatte ich nach ein paar Tagen das kleine Dorf Kabafita, in dem ich wohnte, nahezu vollständig erkundigt und wusste somit auch auf welchen Märkten ich eigenstädig meine Lebensmittel kaufen konnte. Falls ich irgendwelche Anliegen oder Fragen hatte, hatte man stets ein offenes Ohr für mich und mir wurde immer geholfen.

Mein klassischer Arbeitsablauf bestand darin, einzelne Klassen zu besuchen und die Kinder beim Lernen zu unterstützen. In den Pausen verbrachte ich Zeit damit, mit den Kindern zu spielen. An manchen Tagen erledigte ich Büroarbeiten für die Leiterin des Kindergartens, Hawa. Diese standen jedoch nicht allzu oft an. Im Großen und Ganzen ähnelten sich die Tage im Kindergarten bezüglich der Abläufe sehr, doch langweilig wurde es nie. Im Gegenteil – das Lächeln der Kinder verzauberte mich jeden Tag aufs Neue.

Nach der Mahlzeit im Kindergarten werden die Zähne gemeinsam gründlich geputzt

Zu den kleinen Problemen des Alltags gehörte es, dass es gelegentlich zu Stromausfällen kam oder man kein fließendes Wasser hatte. Für mich als Europäerin, die es gewohnt ist, stets Zugriff auf diese für uns selbstverständlichen Ressourcen zu haben, war dies am Anfang zunächst gewöhnungsbedürftig. Doch auch daran gewöhnte ich mich schnell. Fiel das Wasser mal für mehr als ein paar Stunden aus, konnte man sich am Brunnen, welcher sich auf dem Kindergartengelände befand, Wasser pumpen. Neben diesen Rahmenbedinungen, die ich nicht unbedingt als negative Erfahrung betiteln würde, kann ich nicht von anderen negativen Erfahrungen berichten. Mein Aufenthalt in Gambia war durchweg positiv. Durch meine Tätigkeit im Kindergarten habe ich nicht nur Dinge über das Bildungssystem in Gambia gelernt, sondern vor allem über die Kultur, Werte, Normen, verschiedenen Ansichten und Perspektiven sowie die Zwischenmenschlichkeit.

Dieses Foto entstand am Unabhängigkeitstag in Gambia. Dieser wurde gemeinsam mit anderen Kindergärten groß gefeiert

Nach meinem ersten Monat, sozusagen meiner Halbzeit, kamen erfreulicherweise die Paten (Thomas, Laura, Peter und Albrecht) zu Besuch. Mit ihnen verbrachte ich in den kommenden zwei Wochen viel Zeit und konnte durch ihre Vorkenntnisse und Erfahrungen noch einmal eine andere Seite von Gambia kennenlernen. Wir machten fast täglich Ausflüge zu verschiedenen Orten, die ich vorher noch nicht erkundet hatte. Dazu gehörte der Fisch-Markt von Tanji, die bekannte Apotheke in Ghanatown, eine Batikfabrik, in der uns gezeigt wurde, wie man die wunderschönen Stoffe herstellt, die Märkte in Kololi und Serrekunda, verschiedene Museen sowie ein Park (Kachikally) in dem man frei laufende Krokodile streicheln konnte. Außerdem besuchten wir gemeinsam wunderschöne Strände, welche ich ebenfalls vorher noch nicht gesehen hatte.

Für den Unabhängigkeitstag haben alle Mitarbeiter den gleichen Stoff erhalten. Mit diesem Stoff durfte jeder selbstständig zum Schneider gehen, um sich ein maßgeschneidertes Kleid anfertigen zu lassen

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass mein Freiwilligendienst im Kindergarten Wattenscheid zu einer unvergesslichen Erfahrung fürs Leben wurde. Trotz anfänglicher Bedenken, dass es sich als schwierig gestalten könnte als junge Frau alleine für zwei Monate in Afrikas kleinstem Land als Volunteer zu arbeiten, lief alles durchweg positiv. Die Arbeit mit den Kindern hat mir viel Freude bereitet und ich habe von Tag zu Tag immer wieder Neues dazugelernt. Meine Erwartungen wurden alle erfüllt, wenn nicht sogar übertroffen.

Doch in einer Hinsicht hatte ich mich gewaltig getäuscht – Vor Antritt meiner Reise hatte ich die Befürchtung, dass mich die Rahmenbedinungen und die ärmlichen Verhältnisse, in denen die Menschen in Gambia leben, sehr traurig machen würden. Allerdings traf dies nicht ein, im Gegenteil. Ich merkte schnell, dass die Menschen dort die kleinen Dinge im Leben zu schätzen wissen und mit den wenigen Habseligkeiten, die sie besitzen, sehr glücklich und zufrieden sind. Dies ist meiner Meinung nach eine Lebenseinstellung, von der wir Europäer uns eine Scheibe abschneiden sollten. Denn viel zu oft nehmen wir Dinge zu selbstverständlich, sind nie zufrieden mit dem, was wir haben und wollen immer mehr.

Ich bin sehr froh darüber, mich für diese Reise entschieden zu haben und kann jedem, der an einem Volunteer-Programm interessiert ist, nur raten, den Schritt zum „Abenteuer“ zu wagen.

Ob ich in ferner Zukunft noch mal in dieser Art einen Freiwilligendienst leisten werde, ist für mich bisher ungeklärt. Doch feststeht, dass ich nun als Patin des Kindergarten Wattenscheids an der nächsten Paten-Reise nach Gambia teilnehmen werde, um neu gewonnene Freunde und Bekannte wiederzusehen.

Gambia aktuell 2018

Während bei uns der Sommer seinem Höhepunkt zustrebt, begehen in aller Welt Moslime den Ramadan, eine Zeit der Enthaltung und Besinnung. In diesem Jahr sind es die Wochen zwischen dem 16. Mai und dem 14. Juni. Noch wenige Wochen, dann ist das Schuljahr 2017/18 zu Ende und mit der Regenzeit ist wie in jedem Jahr die Zeit der großen Ferien von Ende Juli bis Ende September gekommen.
Dann dauert es nicht mehr lange, bis die Kinder des 3. Levels den Kindergarten verlassen, um zur „Primary School“ zu wechseln. Die Abschlussprüfungen von rund 150 Kindern aus 5 Klassen finden statt und die nachrückenden Kinder werden angemeldet und eingeschrieben, was immer sehr aufgeregt und lautstark verläuft. Jetzt ist auch die Zeit für die klassenweise stattfindenden Ausflüge der Kinder zu lehrreichen Einrichtungen und interessanten Plätzen. In einer großen Abschlussfeier werden die Kinder mit ihren Zeugnissen entlassen. Die zwei besten jeder Entlassungsklasse werden für das Schulförderungsprogramm des Kindergartens benannt. Das ganze Dorf feiert natürlich mit.
Danach wird es still auf dem Kindergarten-Gelände. Das fröhliche Singen und Lachen der Kinder verstummt für längere Zeit. Aber der Kindergarten ist nicht tot. Hinter den Kulissen wird fleißig gemalt, gesägt und gehämmert. Neue Wandtafeln für den Unterricht entstehen und Schäden in den Klassenräumen oder an den Gebäuden werden behoben. Noch vor der Regenzeit wurde bereits das Dach der Versammlungshalle erneuert, das in die Jahre gekommen war und das Regenwasser an mehreren Stellen durchließ. Dazu mussten vorübergehend die Solarelemente entfernt und hernach wieder installiert werden. Nach über 13 Jahren werden in diesem Jahr die Toiletten der Halle und alle 12 Kindertoiletten und die Waschbecken erneuert sowie die Wände neu gestrichen.
Eine zusätzliche Wasserleitung in den hinteren Teil des Grundstückes soll die Wasserversorgung sowie die Bewässerung der Pflanzen zukünftig erleichtern und verbessern, zumal dort zwei weitere Wohneinheiten für unsere Mitarbeiter entstanden, die seit April bezugsfertig sind. Dann ist auch dieser Teil des Geländes, durch eine zusätzliche Mauer, besser geschützt und gesichert. Ebenfalls verbessert wird durch die Verlegung einer zusätzlichen „Stadt-Strom-Leitung“ die Versorgung etwa des Gästehauses mit Energie. Wie man sieht, ist die Liste der Arbeiten lang.

Die beiden neuen Wohneinheiten

In der Dentalstation arbeiten seit Anfang des Jahres 2 ausgebildete Dental-Assistentinnen. Beide sind fest angestellt, während wie im letzten Jahr z.Zt. wieder Studentinnen und Studenten vom „Gambia College“ in Brikama praktische Arbeit „üben“.

Commonwealth-Day
Wetthüpfen auf einem Bein

Durch einen Besuch des ASB Krankenhauses und des Brikama Colleges konnten anlässlich der Reise einer Vierergruppe im März nach Gambia alte Verbindungen gepflegt werden.

Zur selben Zeit hielt sich für 2 Monate eine Praktikantin im Kindergarten auf.

In diese Zeit fielen auch der „Commonwealth-Day“ und der „Unabhängigkeitstag“ sowie verschiedene sportliche Aktivitäten des Kindergartens.

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Nach der Abwahl des ehemaligen Präsiden Yammeh, der das Land 22 Jahre lang autokratisch regierte und finanziell ausbeutete fühlen sich die Gambianer wieder frei. „Wir sind frei!“ fasse sie selber in 3 Worten die veränderten Verhältnisse zusammen. Vieles hat sich positiv entwickelt oder ändert sich noch. Nur fehlen nach wie vor für eine auch wirtschaftliche Besserung neue Jobs im Lande. Durch den sich wieder belebenden Tourismus und verschiedenste Arbeitsprogramme der Regierung geht es langsam bergauf. Die Grundstimmung ist positiv. Man schaut hoffnungsvoll in die Zukunft.

10 Jahre Dental-Station „Kindergarten Wattenscheid in Gambia“

Es war um das Jahr 2005, als die Idee wuchs, im „Kindergarten Wattenscheid“ nach deutschem Vorbild eine „Zahnvorsorge“ für Kindergarten- und Schulkinder einzuführen.
Zunächst wurden die Kosten für dieses Vorhaben grob überschlagen. Es gab viel zu berücksichtigen.
Räumlichkeiten mussten geschaffen werden. Behandlungsstühle, Einrichtungsgegenstände und Arbeitsgeräte angeschafft werden. Eine Sterilisierungseinrichtung für diese war unerlässlich. Alles musste gesucht und gefunden werden und wurde per Container von Deutschland nach Gambia verschifft.
Vorrangig aber ging es darum, in Gambia zahnmedizinisch geschulte Fachkräfte zu finden.
Da traf es sich gut, dass zur selben Zeit die Universität Witten vor Ort ein Programm mit dem Namen „Gambian Dental Care“ gestartet hatte.
Unter der Initiative und Leitung von Herrn Dr. Jordan (zwischenzeitlich Professor an der Uni Köln), der immer wieder mit Studierenden nach Gambia flog, wurden Begriffe wie Mund- und Zahnhygiene sowie die Bedeutung von Prophylaxe und regelmäßiger Zahnreinigung nach dem Essen mit Bürste und Zahncreme den Kindern nahe gebracht.

Besonders der Ausbildung von Fachkräften, den „COHWS“ (Community Health Workers) widmeten sich Dr. Jordan und seine Mitstreiter.
Durch die Zusammenarbeit von Kindergarten und „Gambian Dental Care“ bildete sich 2007 die „Dental-Station“ im Kindergarten Wattenscheid. Betrieben und finanziert wird bis heute alles vom Kindergartenverein in Deutschland durch Patengelder, Sponsoren, Einzelspenden und Einnahmen durch Aktionen.

Seit nunmehr 10 Jahren werden inzwischen jährlich viele Hundert Kinder betreut und behandelt.
Insgesamt kommen aus mehreren befreundeten Kindergärten und Grundschulen jährlich über 3000 Kinder in den Genuss der Vorsorge und – wenn erforderlich – Kariesbehandlung.
Wie offizielle Studien belegen, hat sich der Zahnstatus bei Kindern zwischenzeitlich deutlich gebessert, was sich dann in Zukunft auch bei Erwachsenen zeigen wird.

 

Gambia aktuell – Juli 2017

Schon sehr frühzeitig kündeten in diesem Jahr erste, starke Regengüsse die nahende Regenzeit an. Sie führten dazu, dass bereits Anfang Juli an manchen Tagen weniger Kinder als sonst zum Kindergarten kamen, da Straßen und Wege teilweise tief aufgeweicht und mit großen Pfützen übersät waren.

Ende Juli war es endlich soweit. Für Schulen und Kindergärten begannen die langen „Regenzeit-Ferien“. Verwaist waren Schulhöfe und Spielplätze. Wo sonst buntes Treiben und fröhliches Lachen zu hören waren, herrschte plötzlich Stille und die Kinderstimmen waren verstummt. Bis zum 25. September dauern nun die Ferien, dann kehrt wieder Leben in die Anlagen zurück. Ein neues Schuljahr beginnt.

Wie in allen Jahren waren auch in diesem Jahr die letzten Tage und Wochen vor den Ferien gespickt mit verschiedensten Aktivitäten.
So gab es wie in anderen Jahren Sportveranstaltungen zwischen den Kindergärten und die Abschlussfeier sowie die Einweihung der Bücherei mussten vorbereitet werden.
Anfang Juni machten die Kinder der 5 Entlassungsklassen gruppenweise mit dem Kindergartenbus Ausflüge zu interessanten und sehenswerten Plätzen, um neue Eindrücke außerhalb des Kindergartens zu sammeln.

Die „neuen“ Kinder wurden angemeldet und registriert, was in der Regel sehr lebhaft und lautstark vor sich geht. Am 8. Juli war dann mit Eltern und geladene Gästen die große Entlassungsfeier für die Schulanfänger und die Einweihung der Bücherei.
Jedes Kind bekam ein Zertifikat und die Besten der Abschlussprüfungen erhielten Preise.

Ferner wurden jeweils die zwei Besten aus jeder Entlassungsklasse für die Schulförderung benannt. Seit 2013 wurden auf diese Weise 50 Kinder gefördert etwa durch die Übernahme des Schulgeldes und der Kosten für Lernmaterial. Alle waren sehr festlich gekleidet. 40 neue „Kleider“ mussten in diesem Jahr genäht werden.

Im März des Jahres waren neben zwei Praktikantinnen auch zwei „Gäste“ in Gambia, die gemeinsam u.a. Schmuck und Holzschnitzarbeiten zum Wiederverkauf in Deutschland gekauft und mitgebracht haben.

Trotz Anzeigen in Gambia haben wir bislang noch keine geeigneten weiteren Fachkräfte für unsere Dentalstation finden können. Nun hoffen wir auf Unterstützung durch der Uni Witten-Herdecke nach den Abschlussexamen zum Jahresende. Hierzu haben wir an der „Uni“ zwei entsprechende Plakate ausgehängt.

Bereits im April des Jahres gab es verschiedene Wechsel bei den Hilfskräften im Kindergarten. Eine Putzfrau und ein Gärtner mussten ersetzt werden, eine weitere Putzfrau -speziell für die Sauberkeit der Essenshalle – zusätzlich eingestellt.

Auf dem Kindergarten-Gelände selbst werden z.Zt. Reparaturen an den Gebäuden und den Spielgeräten durchgeführt. Rechtzeitig von dem Ende der Ferien am 25. September müssen dann noch mit Pinsel und Farbe die Spuren der Regenzeit beseitigt werden.

Man sieht, der Kindergarten lebt, auch wenn er in diesen Wochen oft recht verlassen wirkt.

                         

Gambia aktuell – Februar 2017

Nach aufregenden Wochen der Ungewissheit vor und nach den Wahlen in Gambia, in denen der bisherige Präsident Yahya Jammeh durch ein Oppositionsbündnis aus verschiedenen Parteien abgewählt wurde, überschlugen sich die Ereignisse.
Nach dem anfänglichen Eingeständnis seiner Niederlage folgten Erklärungen, doch im Amt bleiben zu wollen. Von Unregelmäßigkeiten bis hin zum Vorwurf des Wahlbetruges reichte die Palette seiner Anschuldigungen. Begleitet wurde alles von Drohungen und Einschüchterungsversuchen.
Das Volk aber demonstrierte und ging auf die Straße. Das Gespenst eines Bürgerkrieges erschreckte die Welt und Öffentlichkeit.
Dank der entschlossenen Reaktion der Ecowas-Staaten (Nigeria, Senegal, Mali und Guinea) bis hin zur Androhung einer Intervention zu Gunsten des gewählten Präsidenten Adama Barrow gab Jammeh auf und verließ das Land.

                

Inzwischen ist wieder eine weitgehende Normalisierung und Ruhe eingekehrt. Viele geflüchtete Gambier kehrten nach Gambia zurück.
Eine gewisse Aufbruchsstimmung macht sich allerorten bereit. Die Menschen hoffen nun auf eine bessere Zukunft. Rund 200 politische Gefangene wurden freigelassen, die Pressefreiheit wieder eingeführt und es gibt bereits erste Kontakte für eine Wiederannäherung an das Commonwealth. Schulen, Kindergärten, Banken und Behörden arbeiten wieder. Telefon und Internet sind online und die ersten Touristen kommen wieder, was für das Land lebenswichtig ist.
Der Zusatz „islamische Republik“ wurde vor dem Landesnamen wieder gestrichen.

Auch in unserem Kindergarten blieb die Zeit nicht stehen.
Das neue Ressource-Center wurde in Betrieb genommen. Es bietet zukünftig Gelegenheit mit einer z.Zt. noch ausbaufähigen Sammlung von Büchern und Spielen zur Nutzung.

                   
Noch im Bau befinden sich zwei weitere, separate Wohneinheiten zur Nutzung durch unsere Mitarbeiter gegen kleines Geld oder auch zur Vermietung. Somit kommen dann weitere Dalasi in die Kasse des Kindergartens.

Die Klassen trainieren zurzeit fleißig für das Sportfest der Schulen.

                  
Da unser Gelände durch seine Lage von den Unruhen weniger belastet war als andere Einrichtungen, konnten auch unsere zwei Praktikantinnen im Land  bleiben oder ihr Praktikum wie geplant beginnen. In diesen Tagen fliegt eine weiter Studentin nach Gambia, um dort Auslandserfahrungen und neue Eindrücke zu sammeln.

So haben die Vorkommnisse zu Beginn des Jahres wie es scheint noch ein glückliches Ende gefunden. 22 Jahre war Jammeh nach einem Putsch im Jahr 1994 mit seiner Schreckensherrschaft im Amt.
Zeit für bessere Zeiten!

Meine Zeit in Gambia vom 29.10.-02.12.2016 –
Bericht von Wiebke Mangold

Im Rahmen meiner Ausbildung zur Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin am Universitätsklinikum Heidelberg wird uns auch ein Einsatz außerhalb des Klinikums vorgegeben. Diesen dürfen wir zum Beispiel in einer Kinderarztpraxis, einer Mutter-/Kind-Kur Einrichtung oder, wie in meinem Fall, in einem Kindergarten im Ausland absolvieren. Durch die aktuelle Flüchtlingssituation in Europa ist das Interesse an einem Einsatz in einem afrikanischen Land bei mir stark gewachsen. Über Recherchen im Internet bin ich auf den „Kindergarten Wattenscheid in Gambia“ gestoßen. Ich war super glücklich und auch etwas aufgeregt, als mir recht bald tatsächlich ein Praktikumsplatz in dem westafrikanischen Land zugesagt wurde. – Da ich, um ehrlich zu sein, zu der Zeit wenig Ahnung von Afrika hatte, waren die Tipps zur Vorbereitung, seitens des Vereins in Deutschland sehr hilfreich.

Dick eingepackt, mit Winterjacke und Schal, frisch geimpft und mit viel Gepäck, ging es dann (sehr) früh morgens am Samstag, den 29. Oktober 2016 los Richtung „Abenteuer Afrika“. Gegen 17 Uhr (Ortszeit) landete ich in der Hauptstadt des kleinsten afrikanischen Festlandstaates, in Banjul. Mein erster Impuls, als ich aus dem Flugzeug stieg: „Oh, DAS ist jetzt wirklich warm, schnell die Winterjacke aus (33 Grad Celsius)“, „Das ist der Flughafen? –meine Sorge, ich würde nicht wissen, wo ich hinmuss, hatte sich mit der absoluten Überschaubarkeit des Flughafens auch schnell erledigt“. „los geht’s!“. Nachdem ich mein Gepäck wieder bei mir hatte, wurde ich in der Flughafenhalle überaus freundlich von der Schulleiterin, Hawa Sanneh, und dem Fahrer des Kindergartens, Madu, empfangen und wir fuhren los Richtung Brikama, der Stadt, in der der Kindergarten ist. Auf unserem Weg dorthin konnte ich schon viele erste Eindrücke gewinnen, die meinem Bild von Afrika teilweise entsprachen: Die sehr freundliche Art und Umgangsweise der Gambier, die super schönen bunten Kleider der gambischen Frauen, aber auch die nur teilweise asphaltierten Straßen und die einfach gebauten Häuser. Im Kindergarten angekommen, zeigte mir Hawa das Gästehaus, das sich direkt auf dem Gelände des Kindergartens befindet. Es stand schon abgepacktes Trinkwasser bereit, wofür ich sehr dankbar war. Hawa kümmerte sich auch gleich darum, dass ich mein europäisches Geld in gambische Dalasi wechseln konnte. Mein Tag ging vorbei und ich wollte nur noch schlafen.
Den nächsten Tag (Sonntag) nutzte ich zum Ankommen und Auskundschaften des Kindergartens und machte schon erste Bekanntschaften mit dem Tagwächter, der jeden Tag den Kindergarten von morgens bis abends bewacht, mit David, der als Lehrer im Kindergarten unterrichtet und mit seiner Familie auf dem Gelände des Kindergartens wohnt, und mit Doudou, dem Sohn des Zahnarztes (der Dental Station), der ebenfalls mit seiner Familie im Kindergarten wohnt.

Das Gästehaus und die große Halle:

                              

Montag, der 31.10.2016:
Mein erster Tag im Kindergarten, begann um 08:30 Uhr mit einer großen Begrüßung seitens des gesamten Teams und den Kindergartenkindern. Es wurde gebetet, gesungen und jeder Lehrer hat sich mir vorgestellt und hat mir seine Klasse gezeigt. Der Kindergarten umfasst 15 Klassen mit rund 450 Kindern im Alter von drei bis sechs Jahren, unterrichtet werden sie von etwa 18 Lehrkräften. Für die erste Woche war ich der Klasse „Level 1 blue“ zugeteilt, die von Fatoumata Sanneh (Manis) unterrichtet wird. Manis ist etwa in meinem Alter und wir haben uns auf Anhieb sehr gut verstanden. Da in „Level 1“ die Kleinsten unterrichtet werden und wir fast wortwörtlich um ihre Aufmerksamkeit „kämpfen“ mussten, haben wir mit ihnen viel gesungen und sie dazu animiert, einzelne Sätze und Wörter, wie Familienmitglieder, Gemüse und Obst in der offiziellen Landessprache Englisch, nachzusprechen, im Chor zu singen, oder sogar schon einzelne Buchstaben zu schreiben. Es kam auch das ein oder andere Mal vor, dass ich mit den Kindern sprechen wollte und sie mich anschauten, als hätte ich gerade deutsch geredet, unser Englisch unterscheidet sich nämlich schon ziemlich in der Aussprache von dem in Gambia gesprochenen. – aber alles kein Problem, die Lehrer haben gedolmetscht!   Von Montag bis Donnerstag wird vom Kindergarten ein Frühstück für die Kinder gestellt, anschließend putzen sich die Kinder, Klasse für Klasse, selbstständig mit den im Kindergarten aufbewahrten eigenen Zahnbürsten die Zähne. Der Schultag endet um 13:30 Uhr.

Ganz überraschend aber, nicht sehr ungelegen kam am Dienstag, den 01. November für mich schon der erste „Public Holiday“ in Gambia. Ich hatte somit Zeit, auch Brikama etwas zu erkunden. Zu meinem Erstaunen kam ich sogar dazu, in einem Minimarkt in Deutschland produzierte Lebensmittel, wie Milch, Cornflakes und Haferflocken zu kaufen.
Im Laufe der Woche hatte ich mich auch langsam an die zu Anfang SEHR drückenden Temperaturen, bis zu 37 Grad Celsius, gewöhnt.

Meine erste Kindergartenwoche endete am Freitag wieder mit einem Gottesdienst und der Ansprache eines Lehrers und ein Quiz. Bei diesem Quiz, das jeden Freitag zwischen den beiden „Level 3“-Klassen angenehm spielerisch stattfindet, werden die Klassen über das Gelernte der nun vergangenen Woche abgefragt. Die Gewinnerklasse bekommt als Preis Spielzeug, das sie für eine Woche bis zum nächsten Freitag stolz als „ihres“ bezeichnen darf.

Fotos: Quiz am Freitag mit Preisübergabe

                                   

In den darauffolgenden vier Wochen besuchte ich unterschiedliche Klassen, wodurch ich Erfahrung in den stetig steigenden Ansprüchen an das Können der Kinder aller 3 Level sammeln konnte. Unterrichtsinhalte waren: Mathematik, Englisch (lesen und schreiben), und eine Art Naturkunde, wo der Körper, Tiere, Gemüse, Früchte usw. durchgenommen wurde. –  sehr unterhaltsam war, dass ich leider absolut keine Ahnung von gambischen Früchten, wie z.B. bitter tomato und okra hatte, und man mir das dann vor dem Unterricht erst mal selber beibringen musste.
Wichtig war auch die tägliche Hygiene, wie das tägliche Zähneputzen nach der Mahlzeit. Sehr beliebt bei den Kindern waren die Jolly Phonics, das sind lustige Lieder in denen die Laute der Buchstaben den Kindern nähergebracht wird.

Die Jolly Phonics und ein Plakat aus einem Klassenraum:

             

Über den Nachtwächter des Kinderdorfs Bottrop in Gambia, der auch in Brikama ist, erfuhr ich, dass dort ebenfalls gerade zwei deutsche Mädchen als Praktikantinnen arbeiteten, Anne und Hannah. Über SMS-Kontakt, trafen wir uns an einem Nachmittag und sind an den Strand gefahren. Es war ein super Gefühl, sich mal wieder auf Deutsch auszutauschen – vor allem über das Megathema der Präsidentschaftswahlen in Gambia am 01. Dezember.
Im Nachhinein bin ich fast ein bisschen stolz, dass ich bei einem so „revolutionären“ Ereignis im Land war. Schon Wochen vor der Wahl wurde heiß diskutiert, wie sie wohl ausgehen würde. Das gambische Volk war, soweit ich das beurteilen konnte, nach 22 Jahren Diktatur entschlossen, Präsident Yahya Jammeh abzuwählen. Sehr spannend war die Situation, als bereits drei Tage vor der Wahl, ohne Ankündigung, das Internet im Land abgeschaltet wurde. Außerdem konnte ich weder zu meinen Eltern nach Deutschland noch innerhalb Gambias telefonieren. Als dann aber am Freitag, den 02. Dezember bekannt gegeben wurde, dass der Oppositionskandidat Adama Barrow tatsächlich die Präsidentschaftswahlen gewonnen hatte, wurde überall erleichtert aufgeatmet und die Menschen sind auf die Straße gestürmt und haben Musik gemacht und sich so sehr gefreut! Was für ein herrliches Ende meiner Afrikareise, denn der 02. Dezember war gleichzeitig auch mein letzter Tag in Gambia.

20-Jährige hilft Kindern in Afrika

Die 20-jährige Deutsche übt in der Klasse mit den Kleinen: hier wird gerade gemalt. Konzentriert gucken die gambianischen Mädchen hin und machen mit.

Wiebke Mangold will Kinderkrankenschwester werden und hat dafür ein fünfwöchiges Praktikum im Kindergarten Wattenscheid in Gambia absolviert.
Der lange, angespitzte Bleistift wirkt fast zu groß in der kleinen Mädchenhand. „Zahlen malen“ heißt es im Unterricht der ersten Klasse im „Kindergarten Wattenscheid in Gambia“. Heute ist die „2“ dran. Trotz voller Konzentration der Vierjährigen will der Stift der Vorlage kaum folgen, aber „Lehrerin“ Wiebke hilft geduldig. Wobei die 20-Jährige gar keine Pädagogin ist – sie arbeitet als Praktikantin für das Schulprojekt im westafrikanischen Kleinstaat.

Wiebke Mangold aus Heidelberg möchte Kinderkrankenschwester werden, hat für ihren Ausbildungsweg ein fünfwöchiges Auslandspraktikum gewählt und ist über das Internet auf die Vorschule, die seit mehr als 35 Jahren ihre feste Wurzeln in der Hellwegstadt hat, aufmerksam geworden. Seit Ende Oktober hat sie vor Ort jede Menge Erfahrungen gemacht. „Ich bin das erste Mal in Afrika, klar, etwas Skepsis war schon da. Vieles hatte ich mir anders vorgestellt, aber ich war total überrascht, wie freundlich und offen die Menschen in Gambia sind!“

Ein Mitarbeiter der Dentalstation der Uni Witten/Herdecke, mit dem der Kindergarten WAT auf demselben Grundstück gemeinsam agiert, habe sie quasi „adoptiert und überall hin mitgenommen. Auch zu Familien, deren Angehörige auf dem so genannten backway, dem Weg, der Flucht aus sozialen Missständen nach Europa sind. Viele dieser jungen Menschen hoffen dort wohl auf eine kleine Chance, Geld nach Gambia schicken zu können, damit es die Familie hier leichter hat, den Alltag stemmen zu können.“ Das ist schwer angesichts der Preise, die seit Jahren ständig steigen – die Einkommen sind minimal geblieben. Ein Liter Autobenzin kostet aktuell so viel wie in Deutschland. „Ich war auch bei Familien zu Gast, deren Angehörige auf dem backway gestorben sind, das ist so heftig und macht sehr traurig.“

Denkanstoß für die eigene Zukunft
Jeder Tag in Gambia, sagt Wiebke, sei abwechslungsreich und besonders, „das erdet mich.“ Der Alltag in Gambia ist nicht immer so unterhaltsam und fröhlich wie mit den Kleinen aus der ersten Kindergarten-Klasse zu üben, zu singen oder zu malen. Zwei ihrer neuen Bekannten hatten einen schweren Verkehrsunfall, „das Geld für das Röntgen der Verletzungen konnten sie nicht bezahlen“. Die 20-Jährige hat dazu in ihre Reisekasse gegriffen und hofft, dass die jetzt mögliche ärztliche Behandlung zum guten Ende führt. Was Wiebke Mangold einen neuen Denkanstoß für ihre eigen Zukunft gegeben hat: „Zurückkehren nach Gambia als Kinderkrankenschwester.“

Bericht und Bild von Rolf Schulte

Gambia aktuell – Oktober 2016

Mit dem Ende der Regenzeit, die sich in diesem Jahr länger hingezogen hatte als in anderen Jahren, begann nach dem „Tobaski-Fest“ (in diesem Jahr am 12. -13. September) am 26.9. das Schuljahr 2016/17.
Am 28.9. war die Einschulung der neuen Kinder, die für die im Juli mit einer offiziellen Entlassungsfeier zur Primary-School wechselten aufgenommen wurden. Wie immer war der Andrang groß, unsere Aufnahmekapazität aber beschränkt.
Zuvor hatte das Komitee wie im Vorjahr die Namen der „Förderkinder“ benannt.
Die Schäden der Regenzeit waren behoben. Erfreulicherweise hielten sich diese an den Gebäuden in Grenzen. Oft war nur ein neuer Anstrich erforderlich.

Von Oktober 2015 bis Februar 2016 wohnte eine Praktikantin aus Erfurt in unserem Gästehaus. Da sie als Gast von einer anderen Einrichtung natürlich für ihre Unterkunft zahlte, kam das Geld voll unserem Kindergarten zugute.
Im November 2015 war unser Elternratsvorsitzender verstorben. Er hatte uns vor 35 Jahren das Grundstück zur Verfügung gestellt.
Ebenfalls seit November 2015 sind jetzt auch unsere Klassenräume mit Solarstrom versorgt. Etwa zeitgleich wurden die schon überfälligen Arbeiten an den Fenstern, der Decke und den Wänden sowie an der Feuerstätte der Küche durchgeführt.
Im Februar 2016 wurden wegen der Verletzungsgefahr für die Kinder Rutschen und Schaukeln repariert bzw. erneuert.

Im März weilte wegen der Nachfeier zum 35. Geburtstag des Kindergartens eine größere Gruppe von Paten und Sponsoren in Gambia.
Für den 16.3.2016 hatten die Gambianer mit großem Einsatz und Ideenreichtum ein sehr schönes Fest mit vielen Gästen vorbereitet. Als Geschenke gab es neue Schulkleidung sowie einen Sack Reis und ein 13. Gehalt für alle Mitarbeiter.

Der Bau eines schon länger geplanten „Ressource Centers“ mit Store, Library und Raum für „Creatives Development“ wurde in Juni begonnen und ist fast fertiggestellt.
Ebenfalls in Planung ist der Bau von zwei weiteren Wohneinheiten im hinteren Teil des Geländes. Die Planung und Umsetzung wird aber noch einige Zeit beanspruchen. Ein Gedanke dabei ist die Bindung von Mitarbeitern an den Kindergarten und mögliche Einnahmen durch Vermietung.

Aktuell reist Ende Oktober 2016 wieder eine Praktikantin für 5 Wochen nach Gambia. Man sieht, der Kindergarten lebt und entwickelt sich ständig weiter.