Bericht aus dem Kindergartenalltag – ein Praktikumsbericht von Katharina Funke (10.10.-27.11.12)

 

10. Oktober 2012 startet mein Praktikum im „Kindergarten Wattenscheid in Gambia“.

Der Start war nicht so gut, da meine Fotokamera schon beim Hinflug kaputt gegangen ist.  Am zweiten Tag des Aufenthaltes im Kindergarten wurden mir aus meinem Zimmer mein Rucksack und meine Schuhe gestohlen. Laptop und Wertsachen durfte ich aufgrund einer Vorsichtsmaßnahme behalten; sie waren nicht mehr im Rucksack. Nach diesen doch sehr aufregenden Erlebnissen konnte eigentlich alles nur besser werden.

In den ersten Tagen im  Kindergarten habe ich mich zunächst auf dem Gelände und in den Klassenräumen umgesehen sowie die Kinder, die Lehrer und Lehrerinnen kennengelernt. Es gab zahllose neue Eindrücke und Erfahrungen zu verarbeiten.

Der Tagesablauf hier ist mit dem in deutschen Kindergärten nicht vergleichbar. In Deutschland habe ich bisher nur reine Kindergärten kennengelernt und somit musste ich mich erst einmal umstellen, da ich hier aber auf einen solchen stieß, der gleichzeitig Vorschule ist. Die Kinder kommen morgens um 8:30 Uhr und gehen montags bis donnerstags  um 13:30 Uhr wieder nach Hause. Freitags sind die Kinder nur bis 12:00 Uhr da.

Jeden Montag und Freitag findet ein Assembly statt. Dort treffen sich alle Kinder und Lehrer vor dem Unterricht um zu beten, die gambianische Nationalhymne zu singen und wichtige Dinge zu besprechen. Jeden Freitag werden die Kinder daran erinnert, ihre Uniform und sich selbst zu waschen, sowie ihre Haare neu zu flechten bzw. zu rasieren. Die Kinder haben jeden Tag zwei Pausen von je einer halben Stunde. In dieser Zeit können sie Fußball spielen und auf den Spielgeräten herumtoben. Auch stehen ihnen Fahrzeuge wie Dreiräder, Roller, Fahrräder u. a. zur Verfügung. Außerdem kommen in den Pausen „Marktfrauen“ auf das Kindergartengelände und verkaufen den Kindern für ein paar Dalasi etwas zu essen oder zu trinken.

Vom Kindergarten bekommen alle Kinder jeden Tag ein Frühstück, welches ganz unterschiedlich aussehen kann. So gibt es zum Beispiel Reis oder Grießbrei, Tee, Brot oder Kartoffeln. Für manche Kinder ist das die einzige warme Mahlzeit am Tag. Nach dem Essen darf natürlich das Zähneputzen nicht vergessen werden. Jedes Kind hat im Kindergarten eine eigene Zahnbürste und einen Zahnputzbecher. Diese Gerätschaften bleiben im Kindergarten. Auf dem Gelände gibt es seit 2007 eine Dentalstation, in der Kinder und Erwachsene Dorfbewohner kostenlos untersucht und behandelt werden.

Die Kinder sind zwischen drei und sechs Jahre alt und werden in 15 Klassen unterrichtet. Es gibt die Stufen 1, 2 und 3, die sich in mehrere Klassen unterteilen. Die Lehrer bleiben immer in ihrem Level und somit haben die Kinder jedes Jahr einen Lehrerwechsel. Die Kinder genießen nicht nur eine spielerische Erziehung, sondern werden auch in Fächern wie Mathematik, Science, Sport, Writing und Englisch unterrichtet. Englisch ist die Voraussetzung für die spätere schulische Laufbahn, da in der Primary School nur in der 1. und 2. Klasse in der Stammessprache unterrichtet wird und danach nur noch Englisch – die offizielle Landes-sprache in Gambia – gesprochen wird.

In den ersten beiden Wochen war ich in einer 1. Klasse. Danach 2 Wochen in einer 2. und zum Schluss auch noch in einer 3. Klasse. So konnte ich in jeden Level hineinschauen und den Lehrern meine Vorstellungen einer Unterrichtsgestaltung nahe bringen. In der ersten Zeit hieß es aber für mich, erst einmal die Augen und Ohren offen zu haben, für die afrikanischen Unterrichtsmethoden. Die Kinder erlernen die Namen und Klänge der Buchstaben durch Jolly Phonics. Dies sind Lieder zu den einzelnen Buchstaben. Nachdem ich diese Lieder größtenteils selber gelernt hatte, stand ich oftmals alleine (ohne Lehrer/in) vor den Kindern und sang mit ihnen. Sie hatten Spaß am Singen und so machte es auch mir Freude. Außerdem lernen die Kinder ab drei Jahren zu schreiben. Bei den Schreibübungen konnte ich mich schnell einbringen und den Lehrern helfen. Zum einen konnte ich Tipps geben, wie die Kinder in Deutschland schreiben lernen (z. B. Buchstaben überschreiben und danach erst selbstständig schreiben), zum anderen habe ich geholfen, in den Heften der Kinder die Buchstaben vorzuschreiben. Außerdem bin ich durch die Klassen gegangen und habe den Kindern geholfen, wenn sie Schwierigkeiten hatten. In der ersten Klasse lernen die Kinder zuerst die einzelnen Buchstaben und Zahlen zu schreiben. Später, in der zweiten Klasse, schreiben sie dann schon Wörter von der Tafel ab, und in der dritten Klasse schreiben die Kinder Sätze und lösen einfache Rechenaufgaben.

Außerdem habe ich mit den Kindern im Freien Kreisspiele wie „Der Plumpsack geht herum“ und „Ich tanze nicht gern allein“ gespielt und den Lehrern Hilfestellungen bei der Unterrichtgestaltung gegeben. Mit der 2. Klasse probte ich auf Deutsch die Lieder „Alle meine Entchen“ und „Bruder Jakob“ ein.

In meiner Freizeit habe ich oft für die Klassen Plakate gemalt; zum einen mit Buchstaben und passenden Gegenständen und zum anderen Plakate, um den Kindern spielerisch den Alltag und ihre Umwelt bildlich darzustellen.

Im Oktober habe ich von jeder Klasse und dem jeweiligen Lehrer Klassenfotos gemacht. Diese sollen bald in den Klassenräumen hängen und kommen demnächst noch auf die Internetseite des Kindergartens. Von dieser Idee waren alle begeistert und haben mit viel Freude an deren Vollendung mitgearbeitet. Neben der Arbeit in den Klassen habe ich auch Hawa, der Headmistress, beim Verfassen von E-Mails und der Weihnachtspost für die Paten und Sponsoren geholfen. Ich habe ein Dankesschreiben vorbereitet und die Kinder malten Bilder dazu. Ihnen war der Spaß ob ihrer Beteiligung an der Arbeit in den Gesichtern abzulesen. Zeitlich passend zum Weihnachtsfest wurden nun die Briefe zusammen mit den Bildern nach Deutschland versandt.

Zwischen den Angestellten des Kindergartens herrscht ein angenehmes, freundschaftliches Arbeitsklima; diese große Gruppe nahm mich sehr freundlich auf. Ich habe mich wohl gefühlt und freute mich daher jeden Tag aufs Neue, in den Kindergarten gehen zu dürfen. Die Zeit in Gambia ging viel zu schnell zu Ende und am 26. November 2012 hieß es Abschied nehmen. Ich konnte die eine oder andere Träne nicht zurückhalten, aber nicht weil ich unglücklich war. Nein, ich habe hier auf eine ganz besondere Art und Weise erfahren, wie leicht und mit wie wenigen Dingen man glücklich werden kann. Um dieses Gefühl wieder spüren zu können, werde ich auf jeden Fall nach Gambia und in den Kindergarten zurückkehren.

Katharina Funke im Dezember 2012